Kleines Einmaleins der Nordlichter-Fotografie
Was sind Nordlichter?
Nordlichter oder Polarlichter treten nahe der Polarregion auf der Nordhalbkugel (Aurora borealis) aber auch auf der Sübhalbkugel (Aurora australis) auf. Sie entstehen beim Auftreffen beschleunigter geladener Teilchen aus der Erdmagnetosphäre auf die Atmosphäre und bringen Stickstoff- und Sauerstoffatome in der Hochatmosphäre zum Leuchten. Derzeit erfahren wir eine recht hohe Sonnenaktivität, die jedoch in den Jahren 2019-2021 abnehmen wird. Damit werden die Polarlichter seltener zu sehen sein.
Wo & Wann sehe ich Nordlichter?
In Europa hat man sehr gute Chancen dieses beeindruckende Himmelsschauspiel in Finnland, Norwegen, Schweden und Island zu beobachten. Um die Nordlichter überhaupt sehen zu können bedarf es Dunkelheit und eines lichtarmen Standpunktes, d.h. möglichst nördlich und möglichst weit von Städten entfernt. Da es in den Polarregionen im Sommer nicht oder nur sehr kurz richtig dunkel wird, eignet sich der Winter am besten zur Beobachtung. Die Intensität der Aurora boreales und ihr Verhalten kann sehr unterschiedlich sein. Eine genaue Vorhersage des Auftretens ist schwierig und es gehört, neben einem klaren Himmel, auch ein wenig Glück dazu, die Nordlichter fotografieren zu können.
Wenn Ihr vielleicht in diesem Winter noch eine Island-Reise plant, dann schaut einfach immer mal wieder nach oben. Es lohnt sich. Die Wetterseite verdur.is zeigt auch die Wahrscheinlichkeit von Polarlichtern in Island an. Auf der neuen Seite auroraforecast.is kann man ebenfalls recht genaue Vorhersagen für verschiedene Stadtorte in Island abfragen.
Was brauche ich, um Nordlichter zu fotografieren?
Voraussetzung ist eine Kamera die Langzeitbelichtungen erlaubt und mit einem recht lichtstarken Objektiv (Für den Anfang ist ein Weitwinkelobjektiv eine gute Wahl.) ausgestattet ist. Bei Spiegelreflexkameras ist das kein Problem. Bei den meisten spiegellosen Systemkameras auch nicht. Einige Modelle bieten jedoch nur eine maximale Belichtungszeit von 30 Sekunden. Unterdessen bieten auch etliche Kompaktkameras und Smartphones die Möglichkeit der Langzeitbelichtung. Hierbei hilft ein Blick in die Bedienungsanleitung weiter.
Ein Stativ gehört immer dazu. Je schwerer es ist, desto stabiler steht die Kamera (oder Smartphone) später darauf und umso erschütterungsfreier lässt sich arbeiten. Da das mit dem Gewicht bei Flugreisen so eine Sache ist, empfehle ich ein Reisestativ. Bitte unbedingt vorher testen und auf die maximale Belastbarkeit achten. Hier wird man mit Kompromissen leben zu müssen, aber ein sicherer, erschütterungsfreier Stand hat Priorität. Bitte auch an möglichen Wind denken. Einige Stative bieten die Möglichkeit, zusätzlich Gewichte zum Beschweren "anzuhängen". Hier tut es manchmal auch der Einkaufsbeutel, als zusätzlich stabilisierendes Gewicht. Ich persönlich schwöre zusätzlich noch auf die sehr kleinen „Tischstative“. Die sind so klein, die passen in jede Tasche. Und unter dem Motto „Bereit sein ist alles“, kann man die immer griffbereit in der Fototasche haben. Der Nachteil daran ist, dass diese Stative im Zweifelsfall auf dem Boden zu stehen kommen. Besser ein Stativ am Boden, als gar kein Stativ. Abgesehen davon findet sich meistens irgendwo ein Autodach, ein Felsen oder ein Tisch, um einen etwas höheren Standpunkt zu finden. Ebenso hilfreich finde ich Stativklemmen. Es gibt viele Möglichkeiten...
Ein Fernauslöser ist für ein erschütterungsfreies Auslösen der Kamera unabdingbar. Im Notfall tut es auch schon mal der kamerainterne Selbstauslöser. Fernauslöser gibt es in Hülle und für jedes erdenkliche Kameramodell. Es gibt den guten alten Drahtauslöser, kabelgebundene elektronische Auslöser, Funkfernauslöser, Auslöser für Bluetooth und WLAN und selbst mit dem Smartphone kann man einige Modelle auslösen und sogar präzise steuern. Für jeden ist etwas dabei. Ich schwöre auf meinen kabelgebundenen elektronischen Fernauslöser, denn im entscheidenden Moment sind die Batterien meines Funkauslösers bestimmt wieder leer.
Eine Taschenlampe dabei zu haben ist sehr nützlich. Man bedenke, Nordlichter fotografiert man nachts und möglichst weit ab von anderen störenden Lichtquellen. Erstens hilft sie einem beim Zusammenbauen unserer Ausrüstung und zweitens, kann sie uns später beim manuellen Scharfstellen unterstützen.
Da man dieses schöne Himmelsschauspiel am besten in den Wintermonaten fotografieren kann, ist warme Kleidung ein Muss. Handwärmer und ein heißes Getränk sind auch hilfreich, denn man weiß nie, wie lange so eine fotografische Nordlichtjagd dauert.
Was jetzt noch fehlt ist eine Menge Geduld, klarer Himmel und ein bisschen Glück.
Wie fotografiere ich Nordlichter?
Eins vorne weg: Ein Blitzlicht brauchen wir nicht! Das schalten wir ab! Überhaupt schalten wir jede Art der Programmautomatik ab. Wir arbeiten mit der manuellen Einstellung, so dass wir in der Lage sind Blende und Zeit nach eigenem Ermessen zu wählen.
Um Polarlichter zu fotografieren bedienen wir uns der Langzeitbelichtung. Fotografiert wird zumeist nachts. Es wird in der Regel nicht möglich sein, die Kamera über eine so lange Zeit ruhig zu halten, die das Licht benötigt, um auf dem Sensor bzw. Film in ausreichender Menge aufzutreffen. Nordlichter „aus der Hand“ zu fotografieren, ist fast unmöglich. Dazu gehört dann sehr viel Glück, Erfahrung und Können.
Also gehört unsere Kamera, mit dem Fernauslöser verbunden, zwingend auf das Stativ. Bitte immer auf einen sicheren Stand der Kamera achten und dabei auch Wind und mögliche Windböen berücksichtigen. Nun richten wir die Kamera auf das gewünschte Motiv aus. Weil nachts fotografiert wird und es womöglich nichts Kontrastreiches gibt, woran sich der Autofokus unserer Kamera orientieren könnte, ist es wichtig, den Autofokus des Objektivs bzw. der Kamera abzuschalten und manuell zu fokussieren. Da es auch uns in der Dunkelheit schwer fällt scharf zu sehen kann man nun das Objektiv einfach auf „Unendlich“ einstellen (oder die Entfernung schätzen) und auf sein Glück vertrauen oder man bedient sich der Taschenlampe, womit man ein im Bild gewünschtes Objekt im Vordergrund anleuchtet (ein Baum, ein Felsen etc.) und darauf schließlich fokussiert. Der Einsatz eines Weitwinkelobjektivs ist anzuraten. Ich persönlich fotografiere nach Möglichkeit nie bei ganz geöffneter Blende, um den möglichen Randunschärfen des Objektivs entgegenzuwirken. Steht also ein Objektiv mit der Blende 2,8 zur Verfügung, fotografiere ich nach Möglichkeit mit Blende 4.
Verfügt die Spiegelreflexkamera womöglich über eine Spiegelvorauslösung, sollte man diese nutzen. Hierbei wird der Spiegel der Kamera vor dem Auslösen nach oben geschwenkt, so dass man die Erschütterung des hochschwenkenden Spiegels bei eigentlichen Aufnahme vermeidet und damit auch eine mögliche Erschütterungs-Unschärfe.
Die einzustellende Empfindlichkeit des Sensors/Films ermöglicht es uns, grundlegend die Blende und Belichtungszeit in einer Kombination zu wählen, die unserem späteren Bild von Nutzen ist. Für den Anfang ist reicht es jedoch zu wissen, dass eine höhere Empfindlichkeit (kürzere Belichtungszeit/kleinere Blende erlaubt) auch mehr Bildrauschen verursacht. Das wollen wir möglichst vermeiden. Eine niedrige Empfindlichkeit würde dagegen die Belichtungszeit womöglich derart verlängern, dass uns die Strukturen der tanzenden Himmelslichter gänzlich verloren gehen. Wählen wir fürs Erste den Mittelweg und eine mittlere Empfindlichkeit – ISO 200-500 haben sich da bewährt. Die Belichtungszeit sollte für den Anfang zwischen 20 und 40 Sekunden liegen. Fotografiere und variiere nach Notwendigkeit (zu hell/zu dunkel) die Belichtungszeit.
Ist also alles aufgebaut könnte der erste Versuch mit folgenden Einstellungen bereits erfolgreich sein: ISO 400, Blende 4, 30 Sekunden belichten. Viel Erfolg.
Bereit sein, ist alles!
Ich bin kein geduldiger Mensch, der sich stundenlang nach Nordlichtern auf die Lauer legt. Aber ich will immer bereit sein, wenn es passieren könnte. Daher sind mein Fernauslöser und mein kleines „Tischstativ“ immer in meiner Fototasche. Die Einstellungen an der Kamera und der Aufbau sind in Windeseile erledigt. Das klappt auch im nahezu Dunklen. Übe das Zuhause, teste es. Spiele mit der Blende und Belichtungszeit herum. Auch wenn es keine Nordlichter gibt, eine Nacht und interessante Motive für Langzeitbelichtungen gibt es immer. Ist es dann endlich soweit, sind die Handgriffe eingeübt und man verschenkt keine wertvolle Zeit, denn allzu schnell sind die Polarlichter wieder verschwunden.
Es gibt verschiedene nützliche Apps, die Standort bezogen die Wahrscheinlichkeit von Polarlichtern anzeigen. Ich verschaffe mir immer gleich nach meiner Ankunft einen Überblick über mögliche lichtarme Standorte in der näheren Umgebung. Sobald die Smartphone-App Alarm schlägt, weiß ich, wo ich hinzufahren oder hinzulaufen habe. Wer gerade in Reykjavik ist, der kann schnell zum Leuchtturm Grótta fahren. Auch der Berg Úlfarsfell ist schnell zu erreichen. Der Aufstieg dauert nur ein knappe Stunde und ist einfach (Taschenlampe nicht vergssen! Wenn´s dunkel ist, sieht man nichts.) Vom Gipfel hat man ein tollen Rundumblick: Reykjavik, Hengill oder Esja.
Selbstverständlich gibt es auch verschiedene Polarlicht-Touren, die man buchen kann. Bei den richtigen Voraussetzungen kennen die Guides die richtigen Standorte. Ob alleine, mit einer individuellen Nordlicht-Tour oder in einer größeren Gruppe, mit ein bisschen Übung bekommt man mit diesem Grundwissen die Nordlichter „auf Platte“ gebannt. Und das Ganze geht auch vom Wasser aus (Zu bedenken hierbei: Boote schwanken im Wasser). Sehr spannend.
Und wer das ganz Land erkunden, tolle Fotogelegenheiten haben und Wissen erwerben möchte, dem sei diese Reise wärmstens empfohlen: 8-tägige geführte Ringstrassen-Winter-Rundreise im Minibus.
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